Geschrieben von: Klaus Saalfeld
Band: Therion
Album: Leviathan
Genre: Symphonic Metal
Plattenfirma: Nuclear Blast
Veröffentlichung: 22.01.2021
THERION existieren nunmehr seit vierunddreißig Jahren und haben sich seither immer selbst herausgefordert, wenn es darum ging, neue Wege einzuschlagen und sich dennoch treu zu bleiben. Von daher stand im Vorfeld zum neuen Scheibe “Leviathan” die Frage im Raum, was nach dem 2018 erschienenen, schwer verdaulichen Monumentalwerk “Beloved Antichrist” (46 Tracks mit rund drei Stunden Spielzeit) als nächstes kommen sollte. Die Antwort liefert Mastermind Christofer Johansson: “Wir haben das Einzige in Angriff genommen, was wir von all diesen Möglichkeiten noch nicht ausprobiert haben. Wir haben beschlossen, den Fans das zu geben, nach dem sie schon so lange fragten. “Leviathan” ist das erste Album, das wir ganz bewusst mit THERION Hits vollgepackt haben.”
Große Worte, die die Schweden mit dem Opener “The Leaf On The Oak Of Far” auch direkt mal Taten folgen lassen. Der Song geht direkt in bester Manier nach vorne und klingt zunächst nach klassischem Metal, verzerrte weibliche und clean männliche Vocals wechseln sich ab, ehe das Ganze in einem für THERION typisch opulenten Chor mündet und von leichten, symphonischen Klängen ausgeschmückt wird. “Tuonela” thematisiert nicht nur das Totenreich bzw. die Unterwelt in der finnischen Mythologie, mit Ex-Nightwish Bassist Marko Hietala hat man passenderweise auch noch einen finnischen Sänger ins Boot geholt, der sich ein Stelldichein mit Lori Lewis (?) liefert, dessen schwungvoller Refrain diesmal lediglich von dezenten Backgroundgesängen unterstützt wird und der wohl der eingängigste des gesamten Albums ist.
Der nachfolgende Titeltrack verlangsamt die Dinge zwar etwas, kombiniert aber erstmals sopranen Opern Gesang mit einem monumentalen Chor. Dem ersten Eindruck nach kann das Stück mit den vorherigen Nummern nicht ganz mithalten und benötigt ein paar Anläufe, um nicht als Füller durchzugehen. Die orchestrale Ballade “Die Wellen der Zeit” lässt Johnsson’s Vorliebe für Richard Wagner aufleben und ist ganz großes Gefühlskino, lediglich die Aussprache/Betonung des auf Deutsch gehaltenen Chorus ist etwas eigenwillig ausgefallen und daher nicht unbedingt leicht verständlich. “Aži Dahaka” – ein Erzdämon aus der persischen Sagenwelt – kommt mit ordentlich Power um die Ecke und lässt orientalische Elemente mit einfließen, den Song hätte man sich auch von Orphaned Land vorstellen können. “Eye Of Algol” basiert auf einem stampfenden Grundrhythmus, die Orchestersounds agieren zurückhaltender als zuvor und lassen Raum für schwere Riffs, die dem Track eine gewisse Düsternis verleihen.
Der Beginn von “Nocturnal Light” erinnert an einen Filmsoundtrack, verfällt dann zunächst in eine schleppende Rhythmik, ehe der Song später an Tempo zunimmt und breit angelegte Chöre das Zepter übernehmen. “Great Marquis Of Hell” fällt wieder etwas metallischer aus, klingt fast wie eine Nightwish Nummer mit Herrn Hietala am Gesang und ist mit gut zweieinhalb Minuten leider viel zu kurz geraten. “Psalm Of Retribution” fällt abermals etwas schleppend aus, der Wechselgesang zwischen Mats Levén und Lori Lewis in den Strophen sowie der männlichen und weiblichen Stimmen im Refrain für mich zu den Highlights des Albums, dafür wirkt der orchestrale Mittelpart eher verzichtbar.
“El Primer Sol” erinnert mit seinem theatralischen Gesang an den Rockoper-Ansatz des Vorgängers Beloved Antichrist, während das epische “Ten Courts Of Diyu” erneut die Unterwelt thematisiert, diesmal die der buddhistischen Lehre, in der Yánluó bzw. Yama herrscht und passenderweise ostasiatische Klänge mit einfließen lässt. Der Song beginnt eher dezent zurückhaltend, gewinnt im Laufe der Zeit zunehmend an Dynamik und mündet letztlich in einem großartigen, opulent angelegten Finale.
Wenn THERION ihren Fans ein Album vollgestopft mit Hits präsentieren wollten, dann ist ihnen das ziemlich eindrucksvoll gelungen, auch wenn ein/zwei Nummern dabei sind, die vielleicht nicht unbedingt als absolutes Highlight durchgehen. Überraschungen und Experimente sucht man hier vergebens. Auf jeden Fall würde ich “Leviathan” auf eine Stufe mit Alben wie “Vovin” (1998), “Secret Of The Runes” (2001) und “Lemuria” / “Sirius B” (2004) stellen, Symphonic Metal Fans im Allgemeinen werden hier ebenfalls voll auf ihre Kosten kommen. Und die Tatsache, dass Christofer Johnsson insgesamt über vierzig Tracks komponiert hat, lässt auf baldige Fortsetzung(en) hoffen…
Von mir gibt es 8,5 von 10 Hellfire-Punkten
Trackliste:
- The Leaf On The Oak Of Far
- Tuonela
- Leviathan
- Die Wellen der Zeit
- Aži Dahāka
- Eye Of Algol
- Nocturnal Light
- Great Marquis Of Hell
- Psalm Of Retribution
- El Primer Sol
- Ten Courts Of Diyu
Line Up:
Christofer Johnsson: Gitarre
Christian Vidal: Gitarre
Nalle Phalsson: Bass
Thomas Vikström: Gesang
Johan Koleberg: Drums
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Video zu “Die Wellen der Zeit”