Quick5 Interview mit Skarntyde: Black metal Duo aus Bayern

© Skarntyde

Mit dem Hellfire Quick5 Interview versuchen wir dem Leser möglichst interessante Infos aus den Musikern rauszukitzeln, ohne dass sie sich seitenlangen Fragen/Antworten hingeben müssen.
Wir vom Hellfire bemühen uns, (mehr oder weniger) kurz und prägnant im Rahmen von 5 Fragen zu agieren (manchmal kann eine Frage auch gedoppelt oder getrippelt sein); dem Musiker obliegt es, nach seinem Gutdünken zu antworten: kurz und knapp bis hin zu ausschweifend und umfangreich.

 

Ich freue mich immer über Neuentdeckungen. Diesmal ein Duo aus Bayern, welches mir drei feine Black-Metal-Songs durch die Gehörgänge gejagt hat. Mehr zu diesem Mini-Album und der Band, das sind Gerileme (Guitars, Bass, Keyboards) und Fjelleiner (Guitars, Drums, Vocals), hoffe ich mit meinen fünf Fragen zu erfahren. Beide stehen mir nun Rede und Antwort.


HF: In meinem Review habe ich bereits erwähnt, dass ich hinter Bandnamen und Albumtitel niemals eine Band aus Bayern vermutet hätte. Auch wird der norwegischen Sprache Tribut gezollt, denn die Songs tragen nicht nur norwegische Titel, sondern werden auch in der Landessprache wiedergegeben. Was hat euch bewegt, dem Album diesen komplett nordischen Touch zu verleihen?

Fjelleiner: Schon als Kind hatte Norwegen für mich einen Zauber, genährt durch skandinavische Märchen, Erzählungen Bekannter oder Verwandter oder auch die Musik von Edvard Grieg. Als ich dann später Metal und letztlich Black Metal für mich entdeckte, zeigte sich, dass ein Großteil der Werke, denen ich besonders viel abgewinnen konnte, aus Norwegen kamen. Als jemand, der eigentlich nicht gerne verreist, war ich dann vor einigen Jahren erstmals in Norwegen – und die Realität war atemberaubend: Berge, weite Hochebenen, Seen, Bäche, Wasserfälle, so wenig Menschen, dass die einzelnen Begegnungen in der Natur zu etwas Schönem wurden. Das bewog mich dazu, Norwegisch zu lernen. Und da meinem Empfinden nach die norwegische Sprache wunderschön klingt und es meiner Ansicht nach viel zu wenig Black Metal mit norwegischen Texten gibt, war es für mich sehr naheliegend, ein Projekt in norwegischer Sprache zu beginnen.

Gerileme: Dass Skarntyde seine Wurzeln in Bayern hat, das vermuten tatsächlich die wenigsten, was uns in unserem Konzept umso mehr bestärkt. Allerdings haben wir uns nicht nur für die neue EP „Da jeg gr​å​t ved jordens ruiner“ am Norwegischen bedient, sondern bereits für unser Demo „Spurvehauk“ und unser Debütalbum „Flukt fra menneskeligheten“ – und allerhöchster Wahrscheinlichkeit nach wird das für die kommenden Veröffentlichungen der Fall sein.

 

© Skarntyde

HF: Das Cover, beim Vorgänger-Album noch in typischen Genre-Farben, und die Aufmachung (Kraftkarton + Booklet) sind fürs Genre sehr ungewöhnlich, aber passen dennoch zu den Themen, die ihr in euren Texten umsetzt: die immer weiter fortschreitende Zerstörung der Umwelt und die daraus resultierenden Folgen. Was hat euch inspiriert, bewegt und wie ist es euch gelungen, dies so realitätsnah in Musik umzusetzen?

Gerileme: Die Idee für die Aufmachung der EP „Da jeg gr​å​t ved jordens ruiner“ stammt von Thor, dem Labelinhaber von Trollmusic. Mit seinen neuen Veröffentlichungen möchte er unnötiges Verpackungsmaterial und zu lange Transportwege vermeiden. Und dieses Konzept hat direkt unser Interesse geweckt. Wir hatten uns ohnehin Gedanken darüber gemacht, wie wir zukünftig möglichst umweltfreundliche Tonträger anbieten können. Zur Gestaltung haben wir lediglich die Fotos und Grafiken beigesteuert. Gerade das Coverfoto sollte ungeschönt und nüchtern zeigen, wie wir Menschen in der von uns so überaus geliebten und romantisierten Natur eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Ich beschäftige mich sehr viel mit ökologischen Themen. Da lag es für mich nahe, zu versuchen, das in einem musikalischen Kontext zu verarbeiten. Für die EP „Da jeg gr​å​t ved jordens ruiner“ lag ein Teil meiner „Inspiration“ jedoch in den 2021 von extremer Hitze und Trockenheit geschuldeten Waldbränden, durch die ich zwei mir sehr nahestehende Menschen verloren habe. Betrachte ich die ökologischen Zusammenhänge hiervon und viele weitere Probleme, die mit einer massiven, ja, systematischen Umweltzerstörung einhergehen, dann braucht es ein Ventil. Und das ist für mich zum größten Teil der Black Metal.

Fjelleiner: Unsere Musik handelt nicht von irgendwelchen Fantasieszenarien, sondern entspringt einem nüchternen, möglichst klaren Blick auf die Realität. Und gerade diese „Entromantisierung“ in Zusammenhang mit unserer Liebe zum Black Metal bildet das Fundament für unser gemeinsames Schaffen und sorgt für die Tiefe der transportierten Gedanken und Emotionen.

 

HF: Euer Gründungsjahr fällt in die Anfangszeit von Corona. Wie kam es zur Gründung von Skarntyde und wie seid ihr ausgerechnet auf diesen Namen, den ich persönlich absolut passend finde, gekommen? Gesucht und gefunden, oder aber Freunde im Alltag und/oder auf musikalischer Ebene?

Fjelleiner: Überschneidungen unserer musikalischen Vorlieben in Verbindung mit der Haltung in bedeutenderen Fragen (wir leben beispielsweise beide seit Jahren vegan) und der Freude an Ausflügen in die Natur sorgten für eine Freundschaft. Die Namensfindung war ein Prozess. Wir haben beide alle möglichen Ideen gesammelt und uns letztlich für Skarntyde entschieden.

Gerileme: Ich bin schon einige Zeit früher an Fjelleiner mit dem Wunsch herangetreten, gemeinsam Musik zu machen. Es hat jedoch etwas gedauert, bis er bereit dafür war. Mit Corona fällt dies aber nicht zusammen, da die Demo „Spurvehauk“ sicherlich einige Monate früher fertig war.

 

HF: Das schwarze Genre ist ja nicht neu und daher denke ich, habt auch ihr Vorbilder, die euch diesen Weg haben einschlagen lassen. Inwieweit haben diese Vorbilder, wenn es da welche gibt, euren eigenen Stil geprägt und ihm diesen giftigen Stempel aufgedrückt?

Fjelleiner: Für mich gibt es ein paar sehr wichtige Werke von Ved Buens Ende, Ulver, Virus, Aura Noir, Dødheimsgard und weiteren, die allesamt eine ausgeprägte Experimentierfreudigkeit verbindet, während ihre Eigenständigkeit für die große Unterschiedlichkeit sorgt. Ich mache Musik nicht, um etwas nachzuahmen, aber selbstverständlich setzt sich das musikalische Repertoire aus vielen einzelnen Fragmenten zusammen, sowohl aus aufgegriffenen Fragmenten von mit Begeisterung gehörter Musik anderer Künstler als auch aus ganz eigenen, dem persönlichen Gefühl oder gar dem Zufall entsprungenen Melodien, Harmonien, Rhythmen.

Gerileme: Der Black Metal ist so unglaublich divers – da ist es recht schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Unsere größten Überschneidungen liegen jedenfalls in der norwegischen Machart aus der Mitte der 90er. Ich finde, in unserem Sound spiegeln sich vor allem Einflüsse von frühen Ulver, Enslaved und Ved Buens Ende… wider. Trotz eindeutiger musikalischer Vorbilder versuchen wir, dem Ganzen eine eigene, giftige Form zu verpassen. Wir werden sehen, wohin die Reise noch geht.

 

HF: Nachdem das alte Jahr mit diesem kleinen, feinen limitierten Scheibchen (ich darf Nr. 042/100 mein Eigen nennen) beendet wurde, bin ich mal noch neugierig und daher zum Abschluss die Frage nach Zielen und Plänen für das neue Jahr. Gibt es diese bereits?

Gerileme: Konkrete Pläne gibt es aktuell nicht. Dieses Jahr werden wir vermutlich auch kein neues Liedgut mehr mit Skarntyde veröffentlichen. Vielleicht wird es eine Neuauflage des schon lange vergriffenen Demos „Spurvehauk“ geben, aber selbst das ist ungewiss. Da wir beide noch in anderen Projekten aktiv sind, kommt bei uns aber sicherlich nicht so schnell Langeweile auf. Ich danke dir und allen Lesern für das Interesse an diesem kompakten Interview!

Fjelleiner: Genau, wir sind beide musikalisch vielbeschäftigt, und ich empfehle, in die Werke unserer anderen (in meinem Fall weniger zugänglichen) Projekte reinzuhören, da gibt es Einiges zu entdecken! Vielen Dank auch meinerseits für das kleine und feine Interview und das Interesse der Leser!

 

HF: Ich bedanke mich auch bei euch für das Interview.

 

Interview: Susanne Kneisel

 

Mehr Infos:

Bandcamp

 

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