Marco von Rotor im Interview: “Keine Ansagen, keine Show, sondern abliefern!”

Bassist Marco (Mitte) und seine Mitstreitern. © Rotor

Rotor sind keine Band wie jede andere. Und das nicht nur, weil sie eine reine Instrumentalband sind. Von der Abstinenz von Texten und Gesang mal abgesehen, ist das Quartett aus Berlin auch sonst sehr wortkarg. Bühnenansagen? Gibt’s keine. Interviews? Gibt’s kaum. Stattdessen sind Rotor eine der ganz wenigen Bands, die es wirklich schaffen, ihre Musik für sich sprechen zu lassen. Und dabei wirken sie nicht wie vier einzelne Instrumentalisten, die zusammen Musik machen. Sie wirken wie eine Einheit, wie eine echte Einheit. Keine Egos, keine Eitelkeiten.

Es kann einem schon mal die Fußballer-Floskel “Der Star ist die Mannschaft” in den Sinn kommen, wenn man das Wesen der Band zu beschreiben versucht. Doch anders als auf jede Fußballmannschaft trifft die Aussage auf Rotor quasi zu. Es gibt keinen Loddar, keinen Klinsi, keinen Schweini. Der Protagonist, das ist die Band. Umso schöner, dass Marco Baale, bei Rotor an der Bassgitarre, sich Zeit genommen hat, unserem Matze zur Veröffentlichung des neuen Albums (Sieben“, Review hier) ein paar Fragen zu beantworten. 

Hellfire: Einige Freunde von mir, die selbst Musiker sind, schwärmen von euren Live-Auftritten in höchsten Tönen. In euren Worten: Was zeichnet Rotor auf der Bühne aus? 

Marco: Gute Frage, aber das müsstest Du eigentlich unser Publikum fragen. Wenn ich mal versuche, aus all den Rückmeldungen zu unseren Konzerten über die Jahre etwas zu verallgemeinern, dann würde ich sagen: Energie, ganz viel Gefühl und eine besondere Art des musikalischen Zusammenspiels. Ich glaube, wir haben viele Musiker und Musikfreaks unter unseren Fans, und das sagt schon viel aus. Wir machen keine Ansagen und keine Show, sondern geben einfach alles, um unsere Songs in bestmöglicher Art live abzuliefern – und das nehmen wir ehrlich gesagt ziemlich ernst. Ich denke, wir schaffen es, nur mit unseren Instrumenten eine ganz besondere Energie auf Live-Konzerten zu erschaffen, die das Publikum einfach in andere Gefühlszustände oder auch Dimensionen versetzt. 

HF: Euer Song “Drehmoment” ist für mich der perfekte Soundtrack zum Autofahren. Weil er seinen Titel musikalisch geradezu grandios verkörpert. Allgemein gefragt: Welcher Zusammenhang besteht zwischen den Titeln eurer Songs, die ja alle keinen Text haben, und dem musikalischen Inhalt? 

M: Also, jede Songidee startet mit einer Art Arbeitstitel während des musikalischen Entstehungsprozesses. Diese Arbeitstitel sind auf irgendeine Art mit der allerersten, ursprünglichen musikalischen Idee verbunden. Das kann dann etwas komplett Albernes sein oder schon wirklich ernsthaft, welches es dann bis auf die Platte schafft. Ich denke, meistens ist es entweder ein Gefühl, das wir alle mit dem Song teilen oder etwas Konzeptionelles, was sich auf die musikalische Basis des Songs bezieht. Bei “Drehmoment” z.B. ist es ganz klar auf den Moment bezogen, in dem das Riff am Ende durch den durchgezogenen Groove sich anfängt “zu drehen” und dann plötzlich alles “rund” wird, was vorher noch eckig wirkte. Bei “Volllast” ist es ähnlich simpel, denn wir wussten von Anfang an, dass das Endriff ist ein Killerriff ist, und nun brauchten wir einen passenden Monstertitel dazu. Manchmal ist es ein Ereignis oder Ort, z.B. bei “Costa Verde”, denn diesen Song haben wir zum allerersten Mal beim Duna Jam gespielt und dann nach dem Ort benannt. So, dabei belasse ich es aber, denn die Titel sollen unsere Zuhörer eigentlich einladen, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen und ich möchte das nicht durch langweilige Spoiler versauen.

HF: Kennst du vielleicht: Man sitzt zusammen, spielt sich gegenseitig Songs vor, der Einfachheit halber über YouTube. So habe ich einem Freund “Drehmoment” vorgestellt. Als ich dabei das Fake-Cover-Foto (“Ihre größten Erfolge”) sah, musste ich lange schmunzeln. Wie kam es zu dieser großartigen Idee?

M: Wir “mussten” mal wieder Pressefotos für eine neue Platte machen und haben das dann einfach selber in die “Hände” genommen. Das Klischee der harten Rockband, welches oft in peinlichen Bandfotos seinen Ausdruck findet, ist auch etwas, was uns sehr fern ist, und das wollten wir damit auch etwas auf die Schippe nehmen. Dieses Motiv ist aber auch eine Reminiszenz an ein Coverfoto auf unserer fünften Platte, auf dem wir (damals noch zu dritt) auch “Händchen halten”. Das symbolisiert auch einfach, dass wir wirklich eine Gruppe sind und unsere Musik nur zusammen im Einklang entstehen kann.

HF: Auf eurem neuen Album gibt es meinem Hörempfinden nach eine echte Überraschung: “Kahlschlag”, für mich der Höhepunkt des Albums, hat heftige Doom-Metal-Schlagseite. Mir ist kein anderer Song von Euch bekannt, der so heavy ist. Erzähl doch bitte, wie der Song entstanden ist!

M: Puh, das ist gar nicht so einfach. Erstmal ist es interessant, dass du den Song so empfindest, denn für uns (und unser Label Noisolution) war es eher der typischste, fetteste Rotor Song auf der Platte. Es gibt jedoch eine Besonderheit und das ist das Intro und Outro Riff, welches diese besondere Doom-Kante hat. Dieses Riff wurde nämlich ziemlich spät dem fast fertigen Song als Klammer hinzugefügt und lässt den Flow des Songs dadurch so “hart” brechen. Als wir das taten, wussten wir sofort, dass der Song nun komplett ist und wahrscheinlich gibt das dem Song diesen besonderen “Doom”. 

HF: Im April seid Ihr in Deutschland und angrenzenden Ländern auf Tour. Besteht Hoffnung, dass Ihr im Sommer auch auf Festivals spielt? Hierzulande gibt es mittlerweile ja einige, die geradezu nach eurer Teilnahme schreien dürften.

M: Ja, auf jeden Fall! Wir sind gerade mit unserer Booking Agentur pøj pøj am organisieren und werden sehr bald einige neue Termine veröffentlichen.

Interview: Mathias Keiber

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