Trance: Unsere Plattenfirma teilte uns mit, dass wir Heavy Metal spielen würden

© Trance

Mit dem Hellfire Quick5 Interview versuchen wir dem Leser möglichst interessante Infos aus den Musikern rauszukitzeln, ohne dass sie sich seitenlangen Fragen/Antworten hingeben müssen.
Wir vom Hellfire bemühen uns, (mehr oder weniger) kurz und prägnant im Rahmen von 5 Fragen zu agieren (manchmal kann eine Frage auch gedoppelt oder getrippelt sein); dem Musiker obliegt es, nach seinem Gutdünken zu antworten: kurz und knapp bis hin zu ausschweifend und umfangreich.

 

Trance, die in den Achtzigern hinter den Scorpions und Accept zur deutschen Speerspitze des Metals gehörten, veröffentlichen dieser Tage ihr neues Album „Metal Forces“, welches unbestritten qualitativ an die ersten drei Werke der Band anknüpft.
Grund genug, uns mit dem Ur-Mitglied Markus Berger (g) zu unterhalten, der uns jede Menge Neuigkeiten zu erzählen hatte.

 

HF: Hallo Markus, ich habe mich gefreut zu hören, dass es am 04. August mit „Metal Forces“ ein neues Trance Album gibt.
Ich kenne Euch auf Grund meines Alters seit Eurer Anfangszeit. Unseren jüngeren Lesern solltest Du vielleicht noch einmal einen kurzen Abriss Eurer Vita darlegen. Wichtig meines Erachtens zu wissen, dass Ihr ja in den 80ern neben den Scorps und Accept die Nummer drei deutscher Metal Bands wart.

Markus Berger © Jörg Schnebele, JSPics

MB: TRANCE begann schon in jungen Jahren als Schülerband und hatte mit eigenen Songs viele Auftritte in Clubs und Jugendzentren. 1975 war die Gründung als TRIBUT. 1978 unter AGE kam ein Management hinzu, wodurch die Band eine professionellere Ausrichtung bekam. 1979 etablierte sich der neue Bandname TRANCE nachdem wir einige Wettbewerbe gewonnen hatten und eine stetig wachsende Fan-Gemeinde um uns scharten. Um einen Plattenvertrag zu bekommen, nahmen wir dann eine Single auf, mit welcher die damals bekannten Labels bemustert wurden. Unseren ersten Plattenvertrag bekamen wir nach einem Auftritt vor 5 Leuten in Luxemburg vorgelegt, nachdem wir eine Power- und Energie geladene Show vorgelegt hatten, als wenn 500 dagewesen wären. Dieser volle Einsatz hatte überzeugt. Wir spielten mit voller Hingabe harten Rock, einfach das was uns Spaß macht, wobei wir unseren Vorbildern Deep Purple, Uriah Heep, Black Sabbath und Led Zeppelin nacheiferten. Der Unterschied war, wir spielten härter, schneller und schnörkelloser.

Damals war der Begriff Heavy Metal noch nicht erfunden. Wir nahmen unser erstes Album “Break Out” in einem kleinen Studio bei Darmstadt auf. Für uns war es wie ein Ritterschlag, endlich dazu zu gehören. 6 Wochen später teilte uns unsere Plattenfirma mit, dass unser Album in den Benelux-Ländern in den Charts auf Nummer 1 eingeschlagen hat und dass wir übrigens Heavy Metal spielen würden. Nachdem uns die aufkommende Fanzine- und Musikpresse dort als Heavy Metal Sensation gefeiert hat, sagten wir uns, “Okay, dann ist unsere Musik eben Heavy Metal”. Somit zählen wir zu den Begründern der internationalen Heavy Metal Szene, was uns vorher überhaupt nicht bewusst war. Es folgten ausgedehnte Tourneen und mit dem 2. Album “Power Infusion” liefen wir in einem Atemzug mit Scorpions und Accept. Es folgten weitere Top Ten Hits in weltweiten Metal-Charts was sich mit dem 3. Album “Victory” noch fortsetzte. Jetzt wurden die Major Labels aufmerksam und es wurde um uns gebuhlt und geschachert. Wir wurden vom Scorpions-Produzenten als deren Nachfolger gehandelt und auch Plattenverträge aus Amerika lagen vor.

Letztendlich kamen sich diese verschiedensten Interessengruppen gegenseitig in die Quere und wir zogen dabei leider den Kürzeren. Bestehende Verträge wurden nach und nach wieder aufgelöst und andere kamen nach monatelangem Hinhalten nie zum endgültigen Abschluss. Mit unserem Management gab es auch keine Harmonie mehr. Alle jungen deutschen aufstrebenden Bands wie z.B. Helloween, Warlock usw. überholten uns während einer Phase, als uns ein Namensrechtsstreit lange Zeit komplett für sämtliche Aktivitäten blockierte. Das waren grob umrissen die 80er.

Wir fingen also wieder ganz von vorne an. In den Endachtzigern und 90ern versuchten wir mit 3 Alben wieder aufzuschließen, was aber nicht gelang, da sich inzwischen der allgemeine Musik Geschmack durch MTV usw. in Richtung Grunge verändert hatte. Für uns war das kein Heavy Metal und wir konnten mit dieser ganzen Strömung und negativen No Future Musik nichts anfangen. Einige TRANCE Top Ten Charts Positionierungen in Japan, Süd- Korea und Italien machten uns zwar Hoffnung, aber nach dieser längeren Durststrecke hatte sich die Band auseinandergelebt und es folgten Besetzungswechsel.

Ich selbst hatte 1998 komplett resigniert und mit dem Heavy Metal und Musikbiz abgeschlossen und erst 2010 hat mich ein umwerfendes Axel Rudi Pell Konzert mit voller Hütte wieder kribbelig gemacht und mir deutlich gezeigt, dass melodischer Power Metal wieder angesagt ist. Etwa zur gleichen Zeit kamen die 2 Ur- TRANCE Mitglieder Thomas Klein und Jürgen Baum auf mich zu und wollten die Band wiederbeleben. Mit neuen Mitgliedern fingen wir 2011 langsam wieder an Konzerte zu spielen wobei uns schwere persönliche Schicksalsschläge wieder zurückwarfen. 2016 übernahm unser alter 80er- Weggefährte Mike Möller das Management und seitdem geht es stetig nach vorne. Das Album “The Loser Strikes Back” landete dann zu unserer freudigen Überraschung in den offiziellen Top 100 Charts in Deutschland. Internationale Konzerte speziell die auf bekannten Oldschool Heavy Metal Festivals bringen uns langsam wieder die alten Fans zurück und neue hinzu.

Seit 2018 arbeiten wir an unserem Nachfolge Album “Metal Forces”, wobei wir auch dieses Mal – wie schon so oft – durch äußere Umstände wie z.B. Produzenten- Wechsel und politischen Entscheidungen bezüglich geschlossener Landesgrenzen und künstlerischer Aktivitäten blockiert wurden. Trotz aller Umstände ist wirklich ein überraschendes neues Album ganz im Spirit der Heavy Metal Pioniere entstanden und bringt nun die Fortführung zu einem raueren, urwüchsigeren Sound und Songwriting.

 

Nick Holleman © Jörg Schnebele, JSPics

HF: Das Besetzungskarussell hat sich ja gerade auch in den letzten Jahren extrem gedreht. Speziell der Sängerposten ist auf Grund der einzigartigen Stimme Eures Ur-Sängers Lothar Antoni für ältere Fans wie mich immer noch die Messlatte. Dass Nick Holleman nun das Micro für Trance schwingt, hat mich angenehm überrascht. Ich habe ihn diverse Male sowohl mit Sinbreed als auch Vicious Rumors gesehen und er hat nie auch nur ansatzweise enttäuscht. Wie seid ihr an ihn gekommen? Und weiter gefragt: da Nick ja schon jede Menge Feuer für die unterschiedlichen Bands gelöscht hat, fürchtet ihr nicht, dass seine Bandzugehörigkeit bei Trance nur von kurzer Dauer sein wird?

MB: Nick Holleman mit all seiner Energie und Gesangsqualitäten haben wir während des gemeinsamen Supports für Udo Dirkschneider als damaligen Sänger von Vicious Rumors kennengelernt.

Zum Zeitpunkt als gerade die Daten für eine ausgedehnte Europa Tournee zusammen mit Anvil bekannt gegeben wurden, hat unser damaliger Sänger das Handtuch geworfen. 3 Stunden später hatte uns Nick zugesagt als Gastsänger mit uns die Tournee zu rocken. Während dieser gemeinsamen Zeit hat er uns alle ins Herz geschlossen und wir ihn! Somit hatten wir einen neuen Lead-Sänger. Nick arbeitet schon seit Jahren an seiner eigenen musikalischen Karriere mit Powerized. Er ist jung und hat noch viel vor sich und ihm stehen mit Sicherheit als Weltklasse Sänger viele Optionen offen. Sein Talent ist extrem vielfältig, er beherrscht virtuos Instrumente wie Gitarre und Klavier und wirkt sowohl in Musical-Produktionen mit als auch als Synchron-Sprecher für bekannte Movies wie z.B. Ice Age oder Cartoon Serien wie Phileas & Fogg. Letzte Woche hatte er mit einem Song einen Fernsehauftritt bei RTL in Holland mit 2.5 Millionen Zuschauern. Ich persönlich habe nicht das Gefühl, das er uns in naher Zukunft verlassen möchte, weil er sich bei uns sehr wohlfühlt. Wir sind echt, einfach gestrickt, agieren fernab von irgendwelchem Erfolgsdruck und gehen mit Ehrlichkeit und Spaß zur Sache und freuen uns, dass überall wo wir hinkommen die Leute wie vor 40 Jahren die TRANCE – Songs feiern. Bei unseren Shows und Studioaufnahmen kann sich Nick frei von Zwängen und Vorgaben voll entfalten und ohne Limits austoben.

 

HF: gab es zu irgendeiner Zeit noch einmal Annährungsversuche mit/von Euren Ur-Mitgliedern, um Trance in der alten Besetzung zu reaktivieren?

MB: Unser Ur-Drummer Jürgen Baum ist ja sowieso zusammen mit dem Original Bassisten Thomas Klein bei der Truppe dabei und spielt live mit uns Konzerte bei denen unser jetziger Drummer Neudi wegen anderen Verpflichtungen nicht mitwirken kann. Er ist unser Live- Sound Engineer und bei Bedarf übernimmt er das Tour-Management. Lothar Antoni hingegen macht sein neues eigenes Ding und harmoniert wahrscheinlich nicht ganz mit der hauptsächlich historischen musikalischen Ausrichtung von TRANCE. Trotzdem spricht nichts dagegen als besonderes Event und zu besonderem Anlass ein Konzert in der Ur- Besetzung zu spielen. Es gibt bereits Pläne in dieser Richtung.

 

Neudi bei der Arbeit © Jörg Schnebele, JSPics

HF: Kommen wir zum Album „Metal Forces“: für mich seit langem das stärkste Trance Output seit Euren ersten drei Alben. Wer zeichnete für das Songwriting verantwortlich, wie habt Ihr aufgenommen und sind alle Kompositionen neu?

MB: Erst einmal vielen Dank für dieses Kompliment! Wir begannen mit den ersten Demo-Aufnahmen im August 2018 und haben dann von April bis Mai 2019 mit dem Producer von “The Loser Strikes Back” das komplette Album eingespielt. Danach hat sich die Fertigstellung aus uns unbekannten Gründen erst einmal bis Oktober hinausgezögert weshalb die gebuchten Album-Release Tour Daten gecancelt wurden. Beim Mix wurden dann mit der Schere die Kompositionen verändert. Ich habe meine Songs nicht wiedererkannt.

Der Sound war nach AOR Gesichtspunkten glattpoliert. Das wollten wir nicht und haben deshalb die Zusammenarbeit im gegenseitigen Einverständnis beendet. Zum Glück konnten wir im März 2020 mit Kalli Coldsmith als neuen Produzenten wieder loslegen und er hat unseren Sound hart, grob und rau mit dem gewissen TRANCE Flair und diesem ganz speziellen frischen Aufbruchs- Feeling auf Band gezaubert. Dabei wurde auf technische Tricks und Veränderungen komplett verzichtet. On Top kam abschließend das Mastering von Patrick W. Engel, einem wahren Meister seines Fachs.

Nun zu den Songs:
Schon 2018 haben wir für weitere geplante Re-Releases der frühen Alben nach historischem TRANCE-Material recherchiert. Fündig wurde ich bei meinem Schulfreund von 1975 und ebenso auch TRANCE Gründungsmitglied Hans-Peter Jantzer. Ich entdeckte dort alte verstaubte Tapes mit Proberaumaufnahmen vergessener Songs aus dieser Zeit. Darunter war eine ganz besondere Perle, nämlich der Song “Ballad for a Group”, den Hans-Peter für TRANCE 1978 geschrieben hatte. Diese Demo- Aufnahme haben wir im unveränderten Original-Arrangement als spezielles Zeitdokument zu den Ursprüngen des Heavy Metals neu aufgenommen. Und dieser Song beinhaltet wirklich sämtliche Trademarks des erst später aufkommenden revolutionären Musikstils New Wave of British Heavy Metal.

Es gab viel zu erzählen und ganz nebenbei haben wir wie früher die Gitarre geschnappt und zusammen gejammt und ich fühlte mich plötzlich wie in einer Zeitreise zum Jahre 1979 wo wir als Schuljungen gemeinsam gerockt haben. Aus diesem Feuer heraus entstand im gemeinsamen Songwriting “Believers” welches das Gefühl dieser Sturm- und Drangzeit nun auf Rille bringt.

Hans- Peter hat dabei als Gast- Gitarrist mitgewirkt.

Den Großteil der Albumsongs habe ich jedoch alleine ab 2018 komponiert und arrangiert, wobei zu meiner Freude bei 3 Songs auch Nick Holleman als Textdichter und Komponist mitgeschrieben hat: Bei dem Ausnahmestück “Deep Dance”, dem Digipak Bonus Track “Unstoppable” und auch “The Core” (*nur auf Japan Pressung) entstand gemeinsam.

 

HF: Mit der Hoffnung, dass durch die Herdenimmunität bald wieder relativ „normale“ Konzerte möglich sind: wie sehen Eure Pläne aus und in wieweit habt ihr Eure ersten Konzerte nach Corona bereits in der Planung?

 

MB: Zum aktuellen Zeitpunkt ist (ohne Gewähr!) für 2021 geplant:
– Die Album Release Show am 6. August zusammen mit Hunter im 7er Club Mannheim.
– Am 11. September das IronHammer Festival in Andernach. (bin ich dabei und freue mich wie Bolle; JS)
Dann sind wir für 4 Konzerte nach Japan eingeladen, anlässlich unserer dortigen aktuellen “Metal Forces” Veröffentlichung.
Für Februar/März 2022 ist eine 10- Städte Europa-Tournee mit Auftritten in Deutschland, Holland, Belgien und in der Schweiz in Planung.

Danke für das Interview und viele Grüße von mir und der Band an die Leser von Hellfire und an alle Metal- und TRANCE Fans im Lande!
Cheers,

Markus Berger

 

Interview: Jörg Schnebele

 

Mehr Infos:

https://www.facebook.com/tranceliveandheavy

 

 

Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.