THOBBE ENGLUND – Hail To The Priest

© Chris Rörland

Geschrieben von Dirk Draewe
Band: Thobbe Englund
Album: Hail To The Priest
Genre: Heavy Metal
Plattenlabel: Metal Ville
Veröffentlichung: 02.08.2019

Als ich die Scheibe von Thobbe Englund in der Post hatte, konnte ich ihn erstmal nicht zuordnen, auch wenn ich den Namen schon mal gehört hatte. Lediglich das Cover erinnerte mich sehr stark an das Artwork von Judas Priest Anfang/Mitte der 80ziger… also der Zeit von „Screaming For Vengeance“ oder „Defenders Of The Faith“. Als ich den Albumtitel „Hail To The Priest“ las, ahnte ich es dann auch schon fast und ein Blick auf die Tracklist bestätigte, dass es sich hierbei um eine Sammlung von Coversongs der britischen Schwermetaller aus Birmingham handelt.

Bevor ich mich dem Silberling widme, überfliege ich rasch die Bio vom 1979 in Finnland geborenen Thobbe. Seit er als Teenager von einem Yngwie Malmsteen Video angefixt wurde, übte er tagtäglich acht Stunden und spielte sich die Finger auf seiner Stratocaster wund. Der Eifer wurde dann auch bereits 2001 mit seinem ersten Plattenvertrag und dem Debutalbum seiner damaligen Band „Winterlong“ belohnt. Danach spielte er 4 Jahre bei „Raubtier“, bevor er 2012 bei Sabaton einstieg. Als bekennender Priest-Fan ist er seit 2016 nun unter seinem Namen als Solokünstler unterwegs und sagt über seine neue Scheibe: „Das Album ist meine Art, den absoluten Göttern des Metals ein großes Dankeschön zu sagen.“

Aber hören wir mal, wie ihm seine Hommage gelungen ist, möchte aber erwähnen, dass ich Coversongs entweder hasse oder liebe und als Priest-Fan der ersten Stunde schon gespannt bin. Da sich Thobbe sowohl Songs von Judas Priest, Rob Halford’s Solokarriere, als auch Songs aus der Tim „Ripper“ Owens Zeit widmet, möchte ich entgegen meiner sonstigen Vorgehensweise mal von der Reihenfolge abweichen und die Songs der einzelnen Ära’s besprechen.

Songs der Judas Priest Ära:

„The Sentinel“, welcher mich schon im Original mit seinem Gitarren-Intro begeistert und auch die Englund-Version hört sich sehr geil an. Beim ersten Hören vermisse ich zwar die Stimme vom Metal-God, da die Stimmlage von Thobbe definitiv anders, aber nicht minder interessant klingt. Ansonsten ist die Interpretation sehr nah am Original. Gleiches gilt auch für „Ripper“ und Thobbe ist bemüht, die Screams nah am Original zu platzieren. Lediglich die Soli im Mittelteil klingen heller und frischer. Mit „Reckless“ folgt ein weiterer Kracher, bei dem aus meiner Sicht wieder alles passt, weil Thobbe dem Song gerade mit den Solis und dem Gesang versucht, ihm seinen eigenen Stempel aufzudrücken.

Der Song „Hellbent For Leather“ führt uns zurück zum Killing Machine Album. Die Gitarren-Arbeit ist sehr gelungen, nur der Gesang von Thobbe stört mich hier. Da wurde für meine Ohren mit etwas zu viel elektronischer Verzerrung gearbeitet. Das ändert sich jedoch „Blood Red Skies“, hier klingt die Stimme sehr geil, die Screams passen (auch wenn die letzte Oktave einfach fehlt), dafür ist der Gitarren-Sound etwas weniger druckvoll, was aber nicht sehr störend ist.

Bei „Desert Plains“ umschifft Thobbe dagegen die sehr hohen Screams von Halford auf besondere Art und Weise und verpasst dem Song auch durch ein sehr tolles, sehr eigenes Gitarrenspiel, ein ganz neues Gewand. „Between The Hammer And The Anvil“ hingegen ist wieder deutlich druckvoller als das Original und auch die vereinzelten Screams können mich überzeugen. Aber beim sonstigen Gesang stört mich dann doch wieder die elektronische Verzerrung der Stimme, die in manchen Passagen einfach zu stark ist.

Natürlich darf auch eine Ballade nicht fehlen, welche mit „Before The Dawn“ perfekt von ihm dargeboten wird und dem Original in keinster Weise hinterher hinkt. Hier passt einfach alles, Gesang, Soundteppich, Gitarren-Arbeit. Der Song „I’m A Rocker“ beendet das Album und hier hat Thobbe einen nicht ganz neuen, aber dennoch irgendwie anders klingenden Song geschaffen. Genauso druckvoll wie im Original, sind es aber die Veränderungen im Gitarren-Spiel und der angepasste Gesang, welche dem ganzen einen neuen Anstrich verpassen.

Songs aus Rob Halford’s Solo-Ära:

Mit „Immortal Sin“ versucht er sich auch an einem meiner Lieblings-Songs Halford’s Fight-Ära. Allerdings klingt mir seine Version etwas zu „brav“, denn das Original kommt mit wesentlich mehr Druck aus den Lautsprechern. Bei „Into The Pit“ wagt er sich an einen Song, der im Original extrem druckvoll und von den hohen Screams von Halford geprägt ist. Die Version von Thobbe klingt leider etwas dünn und die Screams, auch wenn sie elektronisch verstärkt werden, stören mich eher. Das ganz andere Soli-Arrangement klingt zwar gut, kann den Song aber für mich nicht mehr retten und ich bin froh, als er zu Ende ist.

Songs der Judas Priest Ära mit „Ripper“ Owens:

Von vielen Fans gerne ausgeblendet, darf sie aber meiner Meinung nach in der Priest-Historie nicht fehlen. Bei „Burn In Hell“ kommt seine Stimme schon sehr nah ans Original. Was mich aber überzeugt ist seine Gitarren-Arbeit, welche dem Song eine erfrischende Note zu verleihen.

Fazit: Thobbe ist in der Tat ein begnadeter Gitarrist, dem seine Solokarriere ganz sicher gut tut und von dem wir zukünftig sicher noch viel erwarten können. Seine Stimme klingt toll und hat ein ordentliches Potential, allerdings ist er gerade an den hohen Screams einfach gescheitert (was bei dem Original nicht verwunderlich ist). Aber es geht hier ja nicht darum, wie das Original zu klingen, sondern um das Gesamtwerk. Es ist kein Best-Of von Priest/Halford-Songs, sondern wirklich eine Huldigung an die britischen Schwermetaller und deren gesamte Ära. Das ist ihm aus meiner Sicht, wenn man von „Into The Pit“ absieht, durchaus gelungen. Wer mal wieder die alten Kracher neu arrangiert hören möchte, dem wird die CD ganz sicherlich gefallen. Ob eingefleischte Fans diese Scheibe mögen, muss jeder für sich selbst entscheiden, aber man sollte dem ganzen eine echte Chance geben.

Von mir gibt es 8 von 10 Hellfire-Punkten.

Tracklist:

  1. The Sentinel
  2. The Ripper
  3. Reckless
  4. Immortal Sin
  5. Hellbent For Leather
  6. Burn ln Hell
  7. Blood Red Skies
  8. Desert Plains
  9. Between The Hammer And The Anvil
  10. Into The Pit
  11. Before The Dawn
  12. I’m A Rocker

LineUp:
Thobbe Englund – Vocals, Guitars
Johan Grandin – Drums
Elon Andersson – Keyboards
Roland Westbom – Bass

Mehr Infos:
https://www.facebook.com/thobbeenglundofficial/

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