Panzerballett – Übercode Œuvre

© Panzerballett

 

Geschrieben von: Johannes „Jojo“ Knopp
Band: Panzerballett
Album: Übercode Œuvre
Genre: Avantgarde, Experimental Prog Jazz Metal
Plattenfirma: Hostile City
Veröffentlichung: 25.04.2025

 

„Panzerballett“ ist musikalischer Wahnsinn in Reinform – eine Band, die sich jeder konventionellen Genre-Zuordnung entzieht. Seit ihrer Gründung im Jahr 2005 durch Jan Zehrfeld haben sie sich als eine der innovativsten Jazz-Metal-Formationen etabliert. Ihr Markenzeichen? Eine irrwitzige Mischung aus polyrhythmischem Chaos, komplexen Harmonien und virtuoser Instrumentaltechnik, die sowohl Metal- als auch Jazz-Fans gleichermaßen fasziniert – oder auch zuweilen überfordern kann.

Denn auch ihr neuestes Werk „Übercode Œuvre“ ist für Metalheads keine leichte Kost, aber für jeden musikaffinen, über den Metaltellerrand blickenden Hörer definitiv einen Versuch wert. Wobei „einfach reinhören“ der falsche Ansatz wäre – stattdessen Kopfhörer auf, in den Sessel fletzen und sich in die mathematisch präzise und dennoch spielerisch wahnwitzige Klangreise von „Panzerballett“ entführen lassen. „Übercode Œuvre“ vereint Eigenkompositionen mit Neuinterpretationen und zeigt einmal mehr, dass Zehrfeld und seine wechselnden Mitstreiter keine Angst vor musikalischen Extremen haben.

Und so beginnen sie mit der Cover-Version „Bleed“, einem ohnehin schon rhythmischen Monster von Meshuggah. Doch Zehrfeld und Co. treiben es auf die Spitze: Polyrhythmik, Jazz-Elemente und eine völlig neue Interpretation machen den Song zu einem wahren Kopfnuss-Erlebnis. Weiter geht es mit „Seven Steps To Hell“, einer Komposition, die in Zusammenarbeit mit Nélida Béjar entstand. Der Song zeichnet sich durch Septolen aus – also rhythmische Muster, die sich in Siebener-Gruppen bewegen. Das Ergebnis? Ein Track, der sich wie eine mathematische Gleichung entfaltet, aber dennoch eine gewisse Eingängigkeit besitzt.

Dass Klassik und Metal gut zusammenpassen, ist bekannt – doch „Panzerballett“ gehen noch einen Schritt weiter. Ihre Interpretation von Vivaldis „Summer“ aus – Die Vier Jahreszeiten – ist eine wilde Fahrt durch barocke Melodien, die mit modernen Metal-Elementen und Jazz-Improvisationen kombiniert werden. Besonders beeindruckend dabei: Marco Minnemann am Schlagzeug. „Alien Hip Hop“ ist ein spaciger Metal-Fusion-Track, der stark an Planet X erinnert. Kein Wunder, denn Virgil Donati, der legendäre Schlagzeuger von Planet X, hat diesen Song nicht nur eingespielt, sondern auch komponiert. Das Ergebnis? Eine Mischung aus funkigen Grooves, metallischen Riffs und jazzigen Harmonien, die sich wie ein intergalaktischer Trip anfühlt.

Hier wird es ruhiger – fast schon balladesk. Doch wer die Jungs kennt, weiß, dass selbst ihre ruhigen Momente voller musikalischer Raffinesse stecken. „Andromeda“ ist ein atmosphärischer Song, der sich langsam entfaltet und mit subtilen Harmonien spielt. Vielleicht nicht das verrückteste Stück des Albums, aber dennoch ein wichtiger Kontrast zu den chaotischen Tracks.

Dann wird es richtig schräg, denn „Panzerballett“ haben sich Beethovens „Ode To Joy“ vorgenommen – und in ein völlig neues Gewand gehüllt. Mit Conny Kreitmeier und Andromeda Anarchia als Sängerinnen wird der Song zu einer Mischung aus klassischer Hymne, Black-Metal-Screams und jazziger Verrücktheit. Wahrscheinlich für viele ein absoluter Höhepunkt des Albums – für mich jedoch eine Herausforderung, denn bei solchen disharmonischen Harmonien geht mir schlicht das berühmte Licht aus.

Ein weiteres klassisches Stück, das durch den „Panzerballett“ Wahnsinn gejagt wird, ist der berühmte „Radetzky Marsch“. Mit Metal-Riffs und jazzigen Improvisationen kombiniert, entsteht eine völlig neue Komposition, die besonders durch die hervorragende Schlagzeugarbeit beeindruckt. „Pick Up The Pieces“ ist eine mutige Jazz-Metal-Neuinterpretation des Klassikers der Average White Band. Die Band verwandelt den ursprünglichen Funk-Groove in ein rhythmisches Monster, indem sie zwischen Vierer-, Fünfer- und Siebener-Unterteilungen wechseln. Der Song bleibt funky, aber mit einem unverkennbaren Panzerballett-Twist – komplex, verspielt und dennoch absolut mitreißend.

Mit „The Devil’s Staircase“ wagt sich die Band an eine Komposition von György Ligeti, einem der bedeutendsten modernen Komponisten. Der Song ist ein wahres rhythmisches Labyrinth, das sich durch seine unorthodoxen Metren und verschachtelten Strukturen auszeichnet. Hier zeigt sich die technische Brillanz der Band, die Ligetis avantgardistische Ideen in ihre eigene musikalische Sprache übersetzt.

Auch eine instrumentale Version von „Ode To Joy“ ist vertreten. Ohne Gesang entfaltet sich die musikalische Komplexität noch deutlicher – die Band spielt mit Jazz- und Metal-Elementen, die Beethovens berühmte Melodie in ein völlig neues Licht rücken. Besonders die virtuosen Gitarren- und Saxophon-Parts stechen hervor und fressen sich regelrecht durch die Gehirnwindungen. Den Abschluss bildet „Andromedaron“, ein Bonus-Track, der nur digital erhältlich ist. Der Song verbindet progressive Metal-Elemente mit jazzigen Harmonien und erschafft eine fast kosmische Atmosphäre. Hier zeigen sich „Panzerballett“ von ihrer experimentellen Seite, mit einem Sound, der sich irgendwo zwischen Fusion, Prog und avantgardistischem Metal bewegt.

Mit „Übercode Œuvre“ beweisen „Panzerballett“ einmal mehr, dass sie die unangefochtenen Meister des Jazz-Metal-Wahnsinns sind. Das Album ist eine Achterbahnfahrt durch polyrhythmische Strukturen, klassische Neuinterpretationen und progressive Metal-Elemente, die sowohl technisch als auch musikalisch herausfordernd sind. Wer sich auf das Chaos einlässt, wird mit einem einzigartigen Hörerlebnis belohnt – und vielleicht sogar mit einer neuen Sichtweise auf Musik. Die einen werden es als Meisterwerk feiern, die anderen werden schreiend wegrennen – ich befinde mich irgendwo in der Mitte. Es ist sicherlich nichts für den täglichen Konsum, aber aufgrund der technischen Klasse und Innovation gibt es von mir eine Höchstnote von 10 von 10 Hellfire-Punkten.

 

Tracklist:

01 – Bleed
02 – Seven Steps To Hell
03 – The Four Seasons – Summer
04 – Alien Hip Hop
05 – Andromeda
06 – Ode To Joy (Vocal)
07 – Pick Up The Pieces
08 – The Devil’s Staircase
09 – Ode To Joy (Instrumental)
10. – Andromedaron 

 

Weitere Infos:

Bandwebsite
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Bandcamp

 

 

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