Herzblut – Mit ‘nem Knall zurückkommen

Photo by Angela Regenbrecht

Mit dem Hellfire Quick5 Interview versuchen wir für unsere Leser möglichst interessante Infos aus den Musikern rauszukitzeln, ohne dass sie sich seitenlangen Fragen/Antworten hingeben müssen. Wir vom Hellfire bemühen uns dabei, (mehr oder weniger) kurz und prägnant im Rahmen von 5 Fragen zu agieren (manchmal kann eine Frage auch gedoppelt oder getrippelt sein); den Musikern obliegt es, nach ihrem Gutdünken zu antworten: kurz und knapp bis hin zu ausschweifend und umfangreich.
 
Diesmal sprachen wir mit den Jungs von Herzblut, die am 14. Februar 2020 ihr neues Album „Berliner Jungs“ veröffentlichen.
 
HF: Herzlichen Glückwunsch zu eurem neuen Album, das ihr auf den Namen „Berliner Jungs“ getauft habt. Wäre eine Band wie Herzblut eigentlich auch außerhalb einer so vielfältigen Stadt wie Berlin möglich? An welchen Berliner Besonderheiten hängt ihr besonders?
 
HB: Ja vielen Dank! Also Berlin ist mit seinen völlig unterschiedlichen Kiezen, Szenen und Kulturen in dieser Form einzigartig in Deutschland. Hier aufzuwachsen und das zu erleben bringt ein weltoffenes, progressives Selbstverständnis mit sich, das unsere Band auch nach außen tragen möchte.
Wir denken, gerade die Vielfältigkeit in Berlin hat dafür gesorgt, dass so eine Band entstehen kann. Möglich ist ja alles, aber so einen Chaotenhaufen, den bekommt man nur in Berlin. Allerdings sind wir alle doch sehr unterschiedlich und haben dennoch das gleiche Interesse: Gute Musik zu machen. An Berlin lieben wir die bunte Kultur, die lockere Schnauze und das gute vielseitige Essen wie man bei unserem Sänger sehen kann 😀 Auch die Kneipen und Clubs wie das SO36, der Trinkteufel und das Coretex sind einfach Ortschaften, die man nicht missen möchte.
 
HF: Mit eurem Album sprecht ihr eine Vielzahl von Themen und Emotionen an. Ihr äußert euch politisch, singt gegen die Verdummung durch oberflächliche (Social) Medien an, werft einen Blick auf die Gesellschaft, feiert die Liebe und das Leben und verzweifelt daran. Wie sehr entspricht diese vielfältige Mischung euch und eurem Leben? Wieviel von euch selber steckt in diesem Album?
 
HB: Eine ganze Menge sogar. Die meisten Texte entstehen aus eigener Erfahrung. Nehmen wir mal das Thema Social Media – Du kannst der netteste Mensch auf Erden sein, es wird immer einen geben der dir ins Glas spucken möchte und mit alles daran setzt, dich fertig zu machen. Das erleben wir leider ziemlich oft. Woher das kommt, wissen wir nicht. Jedoch haben wir Hoffnung, dass auch diesen armen Seelen irgendwann geholfen wird. Nichts gegen konstruktive Kritik und Feedback – Wir meinen damit stumpfe, total sinnlose Beleidigungen oder Gerüchte. Das Thema Liebe spricht sicherlich nicht nur uns Bandmitglieder an. Da haben wir, aber auch unsere Hörer, viele gute aber auch schlechte Erfahrungen gesammelt. Das ist einfach das Thema, worüber man immer schreiben kann und möchte. Und das gesellschaftliche Beisammensein mit Freunden lieben wir total. Es gibt nichts schöneres als in der Kneipe zu sitzen, zu quatschen und es zu genießen, dass wir das alles noch können. Wir lesen so viele schlechte Nachrichten und das Internet verstärkt das Ganze nochmal und man merkt erst jetzt, mit was für Gestalten man plötzlich auch hier auskommen muss. Die besten Beweise sind da die AFD Posts und die Kommentare. Da bekommt man schnell Kopfschmerzen.
Das Klima in unserem Land wird leider immer schwieriger, weil die Grenzen des Denk- und Sagbaren von rechtspopulistischen Kräften immer weiter geöffnet werden. Wozu das führen kann, konnte man z. B. 2018 in Chemnitz sehen. Wenn es Polizisten gibt, die die Bürger nicht mehr vor einem aufgebrachten rechten Mob schützen wollen, sondern sich auch noch mit diesen Spinnern solidarisieren. Natürlich gilt das nicht für alle, aber die für die es gilt, sind in dem Beruf falsch. Oder nimm den Anschlag in Halle letztes Jahr. Das sind keine Zufälle, das ist eine Saat die da aufgeht. Da gilt es, sich zu positionieren und textlich gegenzusteuern. Auf der anderen Seite gibt es Leute wie die Lohmeyers in Jamel, die ein unglaubliches Beispiel für Zivilcourage und Standfestigkeit sind. Solche Sachen beschäftigen uns und wollen zu Papier gebracht werden.
 
HF: Zwei Songs, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, haben sich bei mir besonders festgesetzt. Zum einen der Song “Ich bin frei“, in dem sich wohl jeder wiederfindet, der in einer langjährigen Beziehung ist. Ich zumindest unterschreib den Text sofort 😉 Wie kam es zu dem Song und wer ist da eigentlich euer Gast? Und das wichtigste: was sagen eure Partnerinnen zu dem Lied? 😉
 
HB: Also Benny erlebte eine Situation, als seine Schwester und ihr Mann sich wieder wegen so einer banalen Sache angeranzt hatten. Da saß er auf der Couch und fand das plötzlich einfach so megawitzig, dass er sogar lachen musste. Er griff zu seinem Handy und tippte direkt los. Er selber ist zur Zeit Single und darf nur aus seiner Umgebung lernen 😀 Man bekommt aber auch so immer wieder Themen mit, die wir in dem Song dann auch mit ansprechen. Für uns ist das einfach ein witziger Song den man mit ‘nem Augenzwinkern hören kann. Die Duettpartnerin in diesem Song ist Sarah Farinia. Sie ist die Freundin von dem Gitarristen, der damals bei SPN-X gespielt hat. SPN-X war damals die Band, neben „die Ärzte“ und „die Toten Hosen“, weshalb Benny Musik machen wollte. Und als er dann gelesen hatte, dass Alexander Muth ein neues Projekt hat und einen Videodreh in Cottbus organisiert, musste er einfach dabei sein und da hat er dann beide persönlich kennengelernt. Sarah sang in dieser Band und hat auch noch viele andere großartige Projekte. Wir haben eine ganze Weile an dem Stück gefeilt, und die Idee das als Duett zu machen hat den Song letztlich nicht nur gerettet, sondern macht ihn wirklich zu einem Highlight der Scheibe.
 
HF: Auf einem ganz anderen Blatt steht „Dämonen“, der düster, traurig und beklemmend zugleich wirkt und auch musikalisch ganz anders ist als der Rest des Albums. Der Song wirkt sehr persönlich. Welche Geschichte steckt dahinter und wie fühlt es sich an, so etwas auf die Bühne zu bringen?
 
HB: Hinter dem Song “Meine Dämonen” verbirgt sich ein ernstzunehmendes Thema. Zustande kam der Text in einer extremen Situation, als Kevin mit seinem Leben haderte und glücklicherweise nicht zur Klinge sondern lieber zu einem Stift griff. Er versucht in diesem Stück der Depression einen Körper zu erschaffen, um es anschaulicher für nicht betroffene zu machen. Zusammen feilten und gestalteten wir an Kevins Zeilen und formten daraus einen Wahnsinns-Text. Das Ergebnis kennt ihr ja bereits.
Menschen wie Chester Bennington, Robert Enke oder Robin Williams zeigen, dass es wirklich jeden treffen kann und es unabhängig von der sozialen Lage die Menschheit betrifft. Wir sind der Meinung, dass diese Krankheit einfach zu stark unterschätzt wird und nicht mit einem “wird schon wieder” geheilt werden kann. Ich kenne auch Menschen, die durch ihre Depressionen ihren Arbeitsplatz verloren haben, da in der Krankheitszeit Bilder aufgetaucht sind, in denen sie ja gesund aussahen. Das finden wir einfach heftig und das zeigt, dass da anscheinend noch viel Aufklärungsarbeit betrieben werden muss.
 
HF: Ich weiß, dass ihr für euer Album eine gebührende Release-Party feiern möchtet. Könnt ihr dazu schon Details verraten? Und werdet ihr „Berliner Jungs“ dieses Jahr auch fern der Heimatstadt auf die Bühne bringen, nachdem ihr auch 2019 ja live-technisch eher rar gemacht habt?
 
HB: Also diejenigen die unsere Abschlussfeier 2018 miterleben durften, wissen, dass wir einfach auf die Kacke hauen und genau das wollen wir jetzt wieder machen. Wir arbeiten noch am Programm und müssen uns noch für die richtige Location entscheiden, aber wenn dann alles steht, wird es einfach wieder fett! Und ja, wir hoffen, dass wir etwas rumkommen und das Album vorstellen dürfen. Mal sehen was noch so passiert. Verfolgt man uns bei Facebook, bekommt man schnell alle Informationen mit. Bestätigt ist auf jeden Fall schon das Paddy Rock Festival in Hameln vom 04.06 bis 06.06.2020.
2019 lag der Focus auf der neuen Scheibe, da gab es viel zu tun und zu klären, sodass wir regelrecht kaum Zeit hatten, Konzerte zu spielen. Wir wollten auch unser Publikum nicht mit der alten Leier langweilen. Wir wollten mit ‘nem Knall zurückkommen und dieser Zeitpunkt ist jetzt da. Zudem haben wir hart an der Scheibe gearbeitet, damit wir ein gutes Ergebnis erreichen und so eine Basis haben, viel spielen zu können. Die Live Auftritte sind letztlich der Grund, warum wir das alles machen.
 
HF: Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen euch für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg mit eurem Album.

Interview: Katja Maeting

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Ein Kommentar

  1. Sehr sehr geil

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