
Kvelertak live @ Schlachthof Wiesbaden // 27.02.2025 © by Marco G.
Text von Mathias Keiber // Fotos von gräffix by Marco G.
Während sich große Teile des Rheinmaingebiets zum Schmutzigen Donnerstag kostümiert in den Fastnachtstaumel begeben, gibt’s im Schlachthof Kontrastprogramm für Kuttenträger: Kvelertak aus dem norwegischen Stavanger und Mantar aus Bremen sind zu Besuch und haben Urne aus London mit dabei.
Als Support-Act einer Double-Headliner-Tour haben Urne per se keine leichte Ausgangsposition, trotzdem herrscht vor der Bühne reges Interesse. Stilistisch eine Art Mischung aus Mastodon und Crowbar, nur mit deutlich längeren Songs, wissen die Briten durchaus zu begeistern — die Band erntet nicht nur Anstandsapplaus, viele strecken nach den Songs ihre Pommesgabeln Richtung Hallendecke und brüllen „Yeah!“. Das ist durchaus bemerkenswert, denn Urne müssen soundmäßig hörbaren Sicherheitsabstand zu den Headlinern halten — ziemlich dünn, was da aus den Boxentürmen kommt.
Das ändert sich freilich just in dem Moment, als Mantar nach „The Razor’s Edge“ von AC/DC die Bühne betreten: Obwohl Mantar ein Duo sind und ohne Bassgitarre auskommen, ist der Sound nun deutlich fetter. Die Band legt los mit „Age of the Absurd“, dem Opener des 2018er Albums „The Modern Art of Setting Ablaze“. Seltsamerweise bleibt es vor der Bühne — wo man augenblicklich ein wildes Moshpit erwarten würde — noch relativ ruhig. Tatsächlich dauert es ein paar Songs, bevor es dort richtig zur Sache geht. Dann passiert es aber.
Hanno Klänhardt (Gitarre, Gesang) und Erinç Sakarya (Schlagzeug) schauen sich derweil (wie immer) gegenseitig an und nur selten ins Publikum. Man sieht die beiden von der Seite. Optisch hat das durchaus seinen Reiz und das Backdrop mit zwei Fantasy-Kriegern (halb Schlange, halb Mensch) links und rechts des Logos ist auch ein echter Hingucker. In erster Linie gibt’s aber auf die Ohren: Die Band peitscht sich durch ein einstündiges Set mit wenigen Atempausen und vielen Hits, darunter natürlich auch „Era Borealis“ und der künftige Klassiker „Halsgericht“ vom neuen Album.
Die Show von Kvelertak (norgwegisch ür „Würgegriff“) startet um 22 Uhr hinter einem weißen Vorhang (immer eine gute Idee, damit lässt sich visuell einfach einiges machen), der in dem Moment fällt, als die Band mit „Krøterveg Te Helvete“ fulminant loslegt. Das Publikum wirkt wie vom Affen gebissen, jedenfalls formiert sich das Moshpit ohne jeden Verzug und wächst in seinem Radius im Laufe des Konzerts auch immer weiter an.
Der Sound ist druckvoll und dicht, und im Vergleich mit Mantar zeigt es sich, dass vier Instrumentalisten einfach eine andere Hausnummer sind als zwei — und dass auf der Bühne insbesondere eine Bassgitarre für den Drive einer Band schon sehr hilfreich sein kann. Bei Kvelertak kommt hinzu, dass Bassgitarrist Marvin Nygaard (mittlerweile mit kahl rasiertem Kopf) auch in puncto Performance das Zugpferd der Band ist: Der Mann strahlt eine beeindruckende Kraft aus.
Das Publikum geht voll mit, so manch einer auch ein bisschen zu voll: Immer wieder fühlt sich der eine oder andere Depp im Publikum veranlasst, seinen leeren Bierbecher durch die Luft zu werfen. Ein paar Meter von mir entfernt schlägt ein solcher dann auf einer Stirn ein — und das tut dem unfreiwilligen Empfänger sichtlich weh. Aber es geht glücklicherweise auch für ihn weiter.
Seinen Höhepunkt erreicht der Gig von Kvelertak dann mit dem grandiosen „Åpenbaring“: Gitarrist King Hüsky ist in einem revolvierenden Lichtkegel gefangen (der Rest der Bühne bleibt dunkel), als er das fast schon ikonische Riff des Songs anstimmt. Ein zweiter solcher Lichtkegel öffnet sich um den zweiten Gitarristen Maciek Ofstad, als er mit einsteigt. Die Spannung, die sich während dieses langen Intros im Publikum aufbaut, lässt sich förmlich mit Händen greifen. Und als der Song dann endlich losbricht, erreicht das Moshpit seinen Maximaldurchmesser und die Stimmung den Siedepunkt. Ich trete einen Schritt zurück, genieße den Rest der Show und ziehe meinen Hut vor drei Bands für einen begeisternden Konzertabend.
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